Eisdorf


Linda Funke, Prof. Dr. Winrich Voss und die am Projekt mit beteiligte Hilfswissenschaftlerin Katharina Richter informierten über die Umfrage zum Thema „Engagement für Umnutzungen als Impulsgeber im ländlichen Raum“. Foto: Bordfeld

Eisdorf/Willensen (pb). Vor fast vier Jahren fiel die Entscheidung, dass Eisdorf in das Modell-Projekt „Umnutzung landwirtschaftlicher Altgebäude und Hofanlagen“ des Leibnitz-Instituts der Universität Hannover gekommen ist. In dem Zusammenhang wurde vor geraumer Zeit eine schriftliche Bürgerbefragung zu dem Thema: „Engagement Impulsgeber für Umnutzung im ländlichen Raum“ durchgeführt. Weil die Dorferneuerung in Willensen auch noch nicht abgeschlossen ist, wurden dort ebenso die Einwohner befragt. Um nun die Ergebnisse dieser auf großes Interesse gestoßenen Aktion vorzulegen, wurde ins Dorfgemeinschaftshaus Willensen geladen.

Dort ließen Prof. Dr. Winrich Voss vom Geodätischen Institut, einer der beiden Projektleiter, und dessen wissenschaftliche Mitarbeiterin Linda Funke, von der Umweltuni Hannover, durchblicken, dass sich an der Aktion noch sechs weitere Gemeinden beteiligt hätten, bei denen seien allerdings die gestellten Fragen auf kein so großes Interesse gestoßen, wie in Eisdorf und Willensen. In Eisdorf sind 900 und in Willensen 205 Fragebögen verteilt worden. Aus Eisdorf kamen 208 und aus Willensen 41 zurück. Das macht eine prozentuale Beteiligung von 23,1 beziehungsweise 20 Prozent aus. Der Gesamtdurchschnitt aller an der Aktion beteiligten Kommunen liegt dahingegen nur bei 9,4 Prozent.

Nachdem Samtgemeindebürgermeister Harald Dietzmann alle aufs Herzlichste begrüßt und seine Freude über das Interesse bekundet hatte, übergab er das Wort an Winrich Voss. Der wiederum zeigte sich äußerst zufrieden mit der Tatsache, dass in Eisdorf und in Willensen derartige Forschungsarbeiten durchgeführt werden dürften. Das sei doch ein Zeichen dafür, dass in den Gemeinden nach vorne geschaut werde. Allerdings sollte jeder daran denken, dass nicht immer die Erwartungen realisierbar sind. Es komme insbesondere darauf an, wie fest eine Dorfgemeinschaft ist und wie offen sie Neuerungen gegenübersteht. Nur mit viel Engagement könne sie so auf anstehende Entwicklungen und Änderungen eingehen. In Eisdorf und in Willensen sei aber „fruchtbarer Boden“ vorhanden.

Was nun aus dem bei der Umfrage herausgekommen ist, machte dann Linda Funke mittels Beamer deutlich.

Zur Frage zur Verbundenheit und zum Verhältnis zum Ort taten  in Eisdorf 41,4 Prozent und in Willensen 65,9 Prozent kund, dass sie in dem jeweiligen alten Ortskern wohnen. Davon lebten bereits 54,3 Prozent und 46,3 Prozent länger als 31 Jahre in Eisdorf oder Willensen. Aufgewachsen sind in Eisdorf 46,6 Prozent der Einwohner, in Willensen sind es 41,5 Prozent. Bei der Frage, wie viele Einwohner jeder selbst kennt, kam unter anderem heraus, dass es stolze 56,7 Eisdorfer beziehungsweise 65,9 Prozent Willensener waren, die „Viele“ ankreuzten.

Außerdem bekundeten 46,6 Prozent der Eisdorfer und 61 Prozent der Willensener, dass die Dorfgemeinschaft recht offen ist. 51 Prozent und 53,7 Prozent der Eisdorfer und Willensener zeigten sich auch recht zufrieden mit ihrem Wohnort. Und die Engagementbereitschaft liegt mit 27,8 Prozent in Willensen höher, als in Eisdorf (17,9 Prozent).

Die Frage nach der Einschätzung der Weiterentwicklung der Gemeinde sprachen sich in Eisdorf  31,73 Prozent für gut aus, 47,12 Prozent für eher schlecht und 15,38 Prozent für sehr schlecht. In Willensen sah es so aus: 34,15 Prozent „gut“, 31,71 Prozent „eher schlecht“ und 26,83 Prozent „sehr schlecht“. Die eigene Einflussmöglichkeit auf die Weiterentwicklung von Eisdorf und Willensen wurde zu 36,06 beziehungsweise 34,15 Prozent mit eher gering, mit 20,19 und 17,07 Prozent in Eisdorf und Willensen als sehr gering bewertet.

Das Wissen um leerstehende Gebäude in ihrer Gemeinde, wurde in Eisdorf mit 79,33 Prozent und in Willensen mit 97,65 Prozent mit „Ja“ bekundet. Dass diese Leerstände zunehmen werden, davon sind 65,87 Prozent aus Eisdorf und 63, 44 Prozent aus Willensen überzeugt. Als störend wird dieser Zustand von 34,62 Prozent Eisdorfern und 68,29 Prozent Willensener empfunden.

Im Prinzip sei den Antworten zu entnehmen, dass eher die Bereitschaft für die gemeinschaftliche Umnutzung vorhanden ist, die Umnutzung für den eigenen Zweck aber kaum vorstellbar sei, so Linda Funke abschließend.

Bei der anschließenden Diskussion betonte Harald Dietzmann, dass diese Umfrage deutlich mache, dass nicht alles so hingenommen werden sollte. Es müsse aber auch ins Visier gerückt werden, wie attraktiv es sein könne, in einem alten Haus zu wohnen.

Winrich Voss versicherte, dass er die ganze Umfrage und deren Ergebnisse als sehr positiv empfinde, mache sie doch deutlich, dass der eigene Ort sehr wohl wahrgenommen wird. Es sei allerdings illusorisch davon auszugehen, dass man das Leerstandproblem privat in den Griff bekommen könnte. Eisdorfs stellvertretender Bürgermeister, Frank Brakebusch, mahnte an, dass das Hauptproblem im Ortskern die leerstehenden Hofanlagen seien. Es müsse doch möglich sein, Interessenten dafür zu finden, letztendlich verfüge Eisdorf ja über eine Grundschule und eine Kindertagesstätte.

Voss betonte darauf hin, dass man nicht ausnahmslos junge Leute im Auge haben sollte, sondern insbesondere auch Leute, die sich so ein Objekt leisten können. 50 und älter dürfe da in der Altersauswahl nicht übersehen werden.

Jörg Bolle, Architekt und Dorferneuerungsplaner, mahnte an, dass mit der Ausweisung von Neubaugebieten aufgehört werden müsse, sonst sei der Leerstand nicht in den Griff zu bekommen. Es müsse auch deutlich gemacht werden, welche Umbaumöglichkeiten es für alle Häuser gibt.

Bürgermeisterin Petra Pinnecke sprach erst einmal allen Bürgerinnen und Bürgern ein großes Dankeschön für die gute Beteiligung an der Frageaktion aus, um dann zu versichern, dass der Gemeinderat sich schon Gedanken gemacht habe, was getan werden könne, um Bürger zur Übernahme eines alten Hauses zu motivieren. Sie habe auch mit einigen jungen Leuten gesprochen, die sehr engagiert seien, sie müssten nur Unterstützung erfahren.

Voss betonte abschließend, dass es jetzt an der Zeit sei, Ursachenerforschung in Sachen Leerstand zu betreiben. Denn für die Ortsentwicklung sei das Engagement der Bürger ein wichtiger Mosaikstein, letztendlich gehe es nicht nur um die Tradtion einer Gemeinde, sondern insbesondere um deren Erhalt.